(8) Sura Al-Anfāl (Die Beute) (offenbart zu Al-Madīna) 75 Āyāt
Anlaß der Offenbarung: Nach Beendigung des Kampfes ordnete der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, an, dass alles, was die Männer an Beute angesammelt hatten, im Lager zusammengetragen werde, doch die Muslime begannen, sich zu streiten. Diejenigen, die die Beute gesammelt hatten, sagten: »Dies gehört uns!« Und diejenigen, die gegen den Feind gekämpft und ihn verfolgt hatten, riefen: »Bei Allāh, wären wir nicht gewesen, hättet ihr jetzt nichts. Hätten wir den Feind nicht von euch abgehalten, hättet ihr nichts bekommen.« Und diejenigen, die den Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, bewacht hatten, aus Sorge, der Feind könnte sich gegen ihn wenden, behaupteten: »Ihr habt nicht mehr Recht darauf als wir! Wir hätten auch gern gegen den Feind gekämpft, als er durch Allāhs Hilfe davonlief, und hätten auch gern die Beute aufgesammelt, als sie niemand mehr verteidigte, doch waren wir besorgt, der Feind könne nochmals zurückkehren. Deshalb blieben wir zum Schutze des Propheten. Ihr habt nicht mehr Recht auf die Beute als wir.« Abū Umāma vom Stamm Bāhila fragte später einmal den ‘Ubāda Ibn Aṣ-Ṣāmit nach der Offenbarung dieser Sura. Da erzählte ihm dieser: »Sie wurde wegen uns, den Badr-Kämpfern, offenbart, als wir uns um die Beute stritten und unser ganzer schlechter Charakter sich zeigte. Aber Allāh entriss durch diese Sura die Beute unseren Händen und übergab sie dem Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm. Dieser teilte sie zu gleichen Teilen unter den Muslimen auf.«
Im Namen Allāhs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Sie fragen dich nach der Beute. Sprich: ”Die Beute gehört Allāh und dem Gesandten. Darum fürchtet Allāh und ordnet die Dinge in Eintracht unter euch und gehorcht Allāh und Seinem Gesandten, wenn ihr Gläubige seid.“ (8:1) 8:1 - Über die Beute hat Allāh allein zu beschließen und der Prophet hat nach Seinem Beschluss zu verfahren. Die Beute aus der Schlacht bei Badr bestand aus 115 Kamelen, 14 Pferden, Ausrüstungsgegenständen und Waffen. Die Beute aus einem gerechten Krieg gehört nicht irgendeiner Einzelperson. Wenn jemand für solchen materiellen Gewinn gekämpft hat, so hatte sein Einsatz nicht den richtigen Beweggrund. Die Beute gehört der Sache, und in diesem Fall handelt es sich um Allāhs Sache, die durch den Propheten vertreten wird. Jeder Anteil, der einer Einzelperson zugedacht wird, ist ein zusätzliches Geschenk. Wesentlich ist, in der Sache Allāhs standhaft zu sein und keinen Streit mit denen zu haben, die sich ebenso für die Sache einsetzen. Unsere Beziehungen untereinander müssen aufrichtig sein; sie dürfen nicht durch Gier und Eigennutz gestört werden, und jeder unverhoffte Glücksfall in diesem Zusammenhang sollte außerhalb unserer Erwägungen stehen. Die Pluralform "Al-Anfāl" in der Bedeutung "Kriegsbeute" erscheint im Qur’ān nur in diesem Vers und weist darauf hin, dass ein solcher Gewinn über das hinausgeht, was ein Kämpfer für Allāhs Sache erwarten darf. "Die Beute gehört Allāh und dem Gesandten", besagt, dass niemand individuell Anspruch darauf hat; es ist ein öffentliches Eigentum, das der für den islamischen Staat Verantwortliche entsprechend den im Qur’ān und in den Lehren des Propheten dargelegten Richtlinien zu nutzen oder zu verteilen hat. Weitere Einzelheiten werden im Vers 41 dieser Sura behandelt. (ÜB)
Gläubig sind wahrlich diejenigen, deren Herzen erbeben, wenn Allāh genannt wird, und die in ihrem Glauben gestärkt sind, wenn ihnen Seine Verse verlesen werden, und die auf ihren Herrn vertrauen. (8:2) Das sind jene, die das Gebet verrichten und von dem spenden, was Wir ihnen gegeben haben. (8:3) Diese sind die wahren Gläubigen. Sie genießen (die hohe) Wertschätzung ihres Herrn sowie Vergebung und eine ehrenvolle Versorgung. (8:4) 8:2-4: Im Qur’ān lesen wir immer wieder: "Wahrlich, darin liegen Zeichen für die Leute, die glauben" (vgl. z.B. 16:79). Unser Prophet (a.s.s.) sagte: ”Glaube ist das, was im Herzen ist und durch Taten bestätigt wird.“ Hierzu ist die Erwähnung des Gebets und der Zakāh als Beispiel, durch das der Mensch zu der versprochenen Rangstufe, Vergebung und Versorgung gelangt (vgl. 2:3; 22:49-51; 24:26 und die Anmerkung dazu).
Dies (genauso), wie dein Herr dich in gerechter Weise aus deinem Hause führte, während ein Teil der Gläubigen abgeneigt war. (8:5) Sie streiten mit dir über die Wahrheit, nachdem sie (ihnen) doch deutlich kund geworden ist, als ob sie in den Tod getrieben würden und (ihn) vor Augen hätten. (8:6) Und damals verhieß Allāh euch von einer der beiden Scharen, sie solle euch zufallen, und ihr wünschtet, dass diejenige ohne Kampfkraft für euch bestimmt sei; Allāh aber will, dass die Wahrheit durch Seine Worte vollbracht werde und dass die Wurzel der Ungläubigen ausgerottet werde (8:7), damit Er die Wahrheit an den Tag bringe und den Trug zunichte mache, mag es den Sündern auch zuwider sein. (8:8) 8:5 - Als der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sich vor der Schlacht von Badr mit seinen Gefährten beriet, empfahl ‘Umar, gegen den Feind aus Al-Madīna auszuziehen. Die Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 2. Jahr n.H. in Al-Madīna offenbart. Der Vergleich in diesem Vers führt uns zurück zu 8:4 (vgl. dazu die Einführung zu dieser Sure und die Anmerkung zu 8:1). 8:6 - Einige Anhänger des Propheten (a.s.s.) waren nicht damit einverstanden, sich mit der Armee der Banū Quraiš auseinanderzusetzen statt mit der leicht zu bewältigenden Karawane, die darüber hinaus noch reiche Beute versprach. Die Mehrheit war jedoch auf der Stelle bereit, dem Propheten zu folgen, wohin auch immer er sie führte. Der Qur’ān sagt, dass Allāh (t) von Anfang an dem Propheten befohlen hat, auszuziehen und für die Wahrheit zu kämpfen, indem sich die Muslime den Banū Quraiš zur Entscheidungsschlacht stellen. Die entsprechenden Beratungen fanden vor ihrem Aufbruch aus Al-Madīna statt, nicht unterwegs. Daher die Todesangst dieser Menschen bereits zu Beginn des Unternehmens. (ÜB) 8:7 - Den Muslimen standen nur etwa dreihundert schlecht ausgerüstete Männer zur Verfügung. Indem sie die gegnerische Armee schlügen, könnten sie die Vormachtstellung der Regierenden in Makka brechen. Allāh (t) wollte durch die offene Konfrontation ihren Glauben prüfen und ihren mächtigen Gegner aus dem Weg schaffen. Der Sieg über die makkanische Armee bei Badr war der erste Schritt zur Aufhebung aller Feindseligkeiten gegen den Islam in seinem Entstehungsgebiet im Laufe der nächsten paar Jahre. Auf diese zukünftige Erfüllung des Versprechens Allāhs beziehen sich diese Worte. (ÜB) (vgl. den Titel: "Muḥammad, Prophet der Barmherzigkeit", Islamische Bibliothek, s.u. "Die große Schlacht bei Badr"). 8:8 - Allāhs Fügung bestimmte, dass die Muslime sich einem Entscheidungskampf um den Sieg des Glaubens stellten. (vgl. den Titel: "Muḥammad, Prophet der Barmherzigkeit", Islamische Bibliothek, s.u. "Die große Schlacht bei Badr"; vgl. ferner 17:80, 81 und die Anmerkung dazu).
Da ihr zu eurem Herrn um Hilfe schriet, und Er euch erhörte und versprach: ”Ich will euch mit eintausend Engeln nacheinander beistehen.“ (8:9) Allāh sagte dies nur als frohe Botschaft, damit eure Herzen sich beruhigten. Jedoch die Hilfe kommt von Allāh allein; wahrlich, Allāh ist Erhaben, Allweise (8:10); 8:9-10 - Ibn ‘Abbās (r) berichtete: ”In der obigen gefährlichen Situation (s. oben 8:5ff.) erhob der Prophet (a.s.s.) seine Hände und sprach folgendes Bittgebet aus: »O Herr, erfülle Deine Verheißung von Hilfe und Sieg! O Herr, wenn diese Deine kleine Schar heute geschlagen wird, dann nimmt der Götzendiest überhand, und niemand mehr wird übrigbleiben, der Dich allein verehrt.« Da sagte der Engel Gabriel zu ihm: »Nimm eine Handvoll Staub und wirf sie auf die Gesichter deiner Feinde.« Der Prophet tat dies und es gab keinen Götzendiener, dessen Augen, Nase und Mund von diesem Staub nicht getroffen gewesen wäre. So liefen sie davon.“ (Kat). In den fogenden Versen werden uns die Umgebung, die Begleiterscheinungen und die Szenerie des Kampfes vor Augen geführt. Dabei kommt der Zustand der Leute zum Ausdruck, und wie Allāh (t) sie geleitet hat und wie der Sieg im Grunde genommen durch Allāhs Planung zustande kam. Es gibt viele Berichte, die über die Anzahl und die Rolle der Engel in der Schlacht von Badr detailliert erzählen. Unseren Grundsätzen gemäß wollen wir uns nur auf die sicheren Quellen des Qur’ān und der Sunna stützen. In diesem Vers wird ihre Anzahl mit tausend angegeben und in Sura 3:123-126 ist ihre Rolle genau beschrieben. (ÜB) (vgl. dazu 8:17; 16:33-34; 54:45 und die Anmerkung dazu).
denn Er ließ den Schlaf als eine Sicherheit von Ihm auf euch niedersinken; und Er sandte Wasser auf euch aus den Wolken nieder, um euch damit zu reinigen und Satans Befleckung von euch hinwegzunehmen, auf dass Er eure Herzen stärkte und (eure) Schritte festigte. (8:11) Da gab dein Herr den Engeln ein: ”Ich bin mit euch; so festigt denn die Gläubigen. In die Herzen der Ungläubigen werde Ich Schrecken werfen. Trefft (sie) oberhalb des Nackens und schlagt ihnen jeden Finger ab!“ (8:12) Dies (war so), weil sie Allāh und Seinem Gesandten trotzten. Wer aber Allāh und Seinem Gesandten trotzt - wahrlich, Allāh ist streng im Strafen. (8:13) Dies sollt ihr kosten; und (wisst), dass für die Ungläubigen die Feuerspein bestimmt ist. (8:14) 8:11-14 - Dieselbe Erfahrung machten die Muslime bei der Schlacht von Uḥud. In diesen beiden kritischen Situationen füllte Allāh (t) die Herzen der Gläubigen mit Frieden und Sicherheit. (ÜB) Der Regen, der für die Gläubigen ein Segen darstellte, stellte für den Feind Probleme dar; denn sein Lager befand sich in einem tiefen Teil des Tales, in dem sich die Wassermengen ansammelten, den Grund in Schlamm verwandelten und den Boden unter ihren Füßen rutschig machten. Wir Muslime glauben an die Existenz der Engel. Zusätzlich zu der Niederlage der Ungläubigen im Diesseits ist die Feuerpein für sie im Jenseits bestimmt. (vgl. dazu 3:154; 25:48:50; ferner den Titel: "Was ist Islam?", Islamische Bibliothek, s.u. "Der Glaube an die Engel").
O ihr, die ihr glaubt, wenn ihr auf die Ungläubigen stoßt, die im Heerzug vorrücken, so kehrt ihnen nicht den Rücken. (8:15) Und derjenige, der ihnen an solch einem Tage den Rücken kehrt, es sei denn, er schwenke zur Schlacht oder zum Anschluss an einen Trupp ab, der lädt wahrlich Allāhs Zorn auf sich, und seine Herberge soll Ǧahannam sein; und schlimm ist das Ende! (8:16) 8:15-16 - Diese qur’ānische Bestimmung ist ein unerlässlicher Grundsatz für die muslimischen Kämpfer zu allen Orten und Zeiten geworden. Die muslimischen Kämpfer sind demnach dazu verpflichtet, bis zuletzt durchhalten und sich niemals dem Feind als Kriegsgefangene zu ergeben. Tod oder Sieg heißt die Parole. Davon gibt es Ausnahmen bei taktischem Rückzug, um eine bessere Ausgangsposition zu gewinnen oder den Gegner zu täuschen. Ferner, wenn sich einzelne oder mehrere Kämpfer von der Truppe entfernen, um sich ihren Kameraden neu anzuschließen bzw. zu formieren. Im Allgemeinen verbietet der Qur’ān nicht den ordnungsgemäßen Rückzug, wenn es die Strategie erfordert. Unser Prophet (a.s.s.) sagte: ”Zu den großen Sünden gehört: Die Beigesellung Allāhs, die Ungüte gegenüber den Eltern und die Flucht am Tage des Kampfes.“ (ÜB)
Nicht ihr habt sie erschlagen, sondern Allāh erschlug sie. Und nicht du hast geschossen, sondern Allāh gab den Schuss ab; und prüfen wollte Er die Gläubigen mit einer schönen Prüfung von Ihm. Wahrlich, Allāh ist Allhörend, Allwissend. (8:17) Dies - und (wisst), dass Allāh die List der Ungläubigen kraftlos machen will. (8:18) 8:17-18 - Es ist historisch bekannt, dass die Makkaner den Muslimen zahlenmäßig um das dreifache überlegen waren. Auch bezüglich der Ausrüstung waren die Muslime weit im Nachteil und konnten nur auf wenig Erfahrung zurückgreifen, während die Banū Quraiš ihre besten Krieger ins Feld schickten. Diese Tatsache der Auswegslosigkeit bestätigt, dass nur die göttliche Übermacht zum Sieg führte (vgl. oben die Anmerkung zu 8:9-10).
Verlangt ihr eine Entscheidung, dann ist die Entscheidung schon zu euch gekommen. Und wenn ihr absteht, so ist es besser für euch; kehrt ihr jedoch (zur Feindseligkeit) zurück, werden auch Wir (zu ihr) zurückkehren, und eure Menge soll euch nichts nützen, so zahlreich sie auch sein mag; denn (wisst), dass Allāh mit den Gläubigen ist. (8:19) 8:19 - Die Banū Quraiš in Makka hatten vor der Schlacht von Badr den Vorhang der Al-Ka‘ba ergriffen und gebetet: "O Allāh, gewähre der besseren der beiden Parteien den Sieg!" Besonders Abū Ǧahl rief Allāhs Entscheidung an und sagte: "O Allāh, gewähre der Partei den Sieg, die im Recht ist, und erniedrige die Aggressoren!" Die Banū Quraiš waren zuversichtlich gewesen, dass ihre Überlegenheit an Anzahl, Ausrüstung und Erfahrung für den Sieg entscheidend sein würde. Hier wird ihnen mitgeteilt, dass die Entscheidung und der Sieg gekommen sind - allerdings nicht so, wie sie es erwartet hatten! Allāh (t) erhörte diese Gebete wortwörtlich, indem Er den Muslimen den Sieg gewährte; denn sie waren die "bessere der beiden Parteien" und "diejenigen, die im Recht waren". Hiermit will Allāh (t) ihnen nahelegen, ihre ständigen Angriffe gegen die Muslime und den Propheten (a.s.s.) zu unterlassen.
O ihr, die ihr glaubt, gehorcht Allāh und Seinem Gesandten, und wendet euch nicht von ihm ab während ihr zuhört. (8:20) Und seid nicht wie jene, die sagen: ”Wir hören“, und doch nicht hören. (8:21) Wahrlich, als die schlimmsten Tiere gelten bei Allāh die tauben und stummen, die keinen Verstand haben. (8:22) Und hätte Allāh etwas Gutes in ihnen erkannt, hätte Er sie gewiss hörend gemacht. Und wenn Er sie hörend macht, so werden sie sich in Widerwillen wegwenden. (8:23) 8:20-23 - Während sich diese beiden Parallen in erster Linie auf die Juden beziehen, sind hier alle Menschen angesprochen, die die Botschaft des Qur’ān kennengelernt und verstanden haben, sie aber missachten. Dies stellt die Haltung der Heuchler bloß, die wohl die Wahrheit mit ihren Ohren wahrnehmen, aber nicht daran glauben, sondern sich mit Lippenbekenntnissen begnügen, ohne Allāhs Geboten zu gehorchen. Der Qur’ān verwendet für den Ausdruck "Tiere" das arabische Wort "Dawāb" (pl). Dies bezieht sich auf alle Lebewesen, die auf der Erde "tippen" (dābba), einschließlich des Menschen, für den es im Falle seiner Geringschätzung verwendet wird (vgl. 2:18; 8:55-57; 9:55; 10:99-100 und die Anmerkungen dazu).
O ihr, die ihr glaubt, hört auf Allāh und den Gesandten, wenn er euch zu etwas aufruft, das euch Leben verleiht, und wisst, dass Allāh zwischen den Menschen und sein Herz tritt, und dass ihr vor Ihm versammelt werdet. (8:24) 8:24 - Wenn der Gesandte euch zu etwas aufruft, das euch Leben verleiht: zu etwas von der Religion. Denn sie ist die Ursache ewigen lebens. "... und wisst, dass Allāh zwischen den Menschen und sein Herz tritt", so dass dieser nur mit Allāhs Willen gläubig oder ungläubig sein kann. Und dass ihr zu Ihm versammelt werdet, damit Er euch den Lohn für eure Taten gibt. (Gal, Gät) (vgl. oben 8:22 und die Anmerkung dazu).
Und hütet euch vor einer Drangsal, die gewiss nicht bloß diejenigen unter euch treffen wird, die Unrecht getan haben. Und wisst, dass Allāh streng im Strafen ist. (8:25) 8:25 - Der Islam erwartet von seinen Anhängern, dass sie angesichts von Laster und Kriminalität nicht als passive Zuschauer bleiben, sondern dass sie aktiv Widerstand leisten, soweit es in ihrer Macht steht. Dies bezieht sich auf die kollektiven Missstände, die nicht auf einzelne Menschen beschränkt sind, sondern in der gesamten Gesellschaft verbreitet sind. In solchen Fällen trifft Allāhs Zorn nicht nur die Hauptübeltäter, sondern auch diejenigen, die diesen Zuständen Vorschub leisten. (ÜB) (vgl. 2:193; 8:28; 10:84-86 und die Anmerkungen dazu).
Und denkt daran, wie wenige ihr wart, im Land als schwach galtet, in Furcht lebtet, die Leute könnten euch hinwegraffen: Er aber beschirmte euch und stärkte euch durch Seine Hilfe und versorgte euch mit guten Dingen, auf dass ihr dankbar sein mögt. (8:26) 8:26 - Der Vers weist auf die Zeit hin, als die Muslime schwach in Makka lebten und in Al- Madīna nach der Auswanderung Helfer und ein sicheres Leben fanden.
O ihr, die ihr glaubt, handelt nicht untreu gegenüber Allāh und dem Gesandten, noch seid wissentlich untreu in eurer Treuhandschaft. (8:27) Und wisst, dass euer Gut und eure Kinder nur eine Versuchung sind und dass bei Allāh großer Lohn ist. (8:28) 8:27-28 - Die Güter dieser Welt und die Nachkommenschaft bringen die Menschen in Versuchung. Allāh (t) ermahnt uns zur Wachsamkeit. "Versuchung" ist nicht gleich "Sündhaftigkeit", auch die Liebe zu den Kindern und zum Eigentum ist nicht verboten; denn diese gehört zur menschlichen Natur, die Allāh (t) in uns erschaffen hat (vgl. 3:10, 116; 4:28; 9:23-24, 55; 21:35 und die Anmerkungen dazu).
O ihr, die ihr glaubt, wenn ihr Allāh fürchtet, wird Er euch Entscheidungskraft gewähren und eure Übel von euch nehmen und euch vergeben; und Allāh ist voll großer Huld. (8:29) 8:29 - Mit der Verleihung der Entscheidungskraft gibt Allāh (t) dem Menschen eine enorme Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht. Ibn ‘Abbās sagte: ”Zur Entscheidungskraft" gehört die göttliche Eingebung, und diese führt zu einem guten Ausgang.“ (Kat) (vgl. unten 8:41 und die Anmerkung dazu).
Und damals schmiedeten die Ungläubigen gegen dich Pläne, dich gefangen zu nehmen oder dich zu ermorden oder dich zu vertreiben. Sie schmiedeten Pläne, (aber) auch Allāh schmiedete Pläne, und Allāh ist der beste Planschmied. (8:30) 8:30 - Dies bezieht sich auf Pläne aus der Zeit, als die Banū Quraiš feststellten, dass der Prophet nach Al-Madīna auswandern würde. Falls ihm dies gelänge, würde er sich außerhalb ihrer Reichweite befinden. Entsprechend hielten ihre führenden Persönlichkeiten eine Krisenberatung ab. Es wurde vorgeschlagen, ihn in Ketten zu legen und lebenslänglich gefangenzuhalten. Dieser Plan wurde jedoch nicht befürwortet; denn man befürchtete, dass seine Gefährten sich weiter für seine Botschaft einsetzen und versuchen würden, ihn zu befreien, auch unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Andere schlugen vor, ihn aus Makka zu verbannen. Wenn sie nur die "Unordnung" loswürden, die durch ihn verursacht wurde, so sollte es ihnen schon gleich sein, wo er lebte. Hiergegen wurde jedoch eingewandt, er könnte überzeugend reden und würde dann die anderen arabischen Stämme für sich gewinnen und mit der so gewonnenen Macht Makka bedrohen. Zuletzt schlug Abū Ǧahl vor, man solle aus jeder Sippe einen jungen kräftigen Mann von hohem Ansehen auswählen; diese sollten dann alle den Propheten angreifen und gleichzeitig töten. Auf diese Weise würde die Pflicht zur Zahlung eines Blutgeldes gleichmäßig auf alle Sippen verteilt, und der Familie des Propheten würde nichts anderes übrigbleiben, als das Blutgeld von ihnen zu akzeptieren, weil Blutrache nicht mehr in Frage käme. Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen, und man ernannte die jungen Männer, die die Tat ausführen sollten. Auf Verheißung Gabriels (a.s.) verließ der Prophet in jener Nacht, in der das Attentat stanfinden sollte, sicher die Stadt. So wurde ihr Plan zunichte. Unser Prophet (a.s.s.) und seine Gefährten fanden jedoch in Al-Madīna eine neue Heimat, von der aus sie nicht nur Makka gewannen, sondern die ganze Arabische Halbinsel und die weite Welt. So wurden ihre Pläne nicht nur zunichte, sondern durch Allāhs wundersames Wirken in ihr Gegenteil verkehrt, so dass in jedem Fall Gutes aus Bösem entstand. (ÜB) (vgl. 3:54 und die Anmerkung dazu).
Und wenn ihnen Unsere Verse verlesen werden, sagen sie: ”Wir haben es gehört. Wollten wir es, könnten wir gewiss Derartiges äußern; denn das sind ja Fabeln der Früheren.“ (8:31) Und da sagten sie: ”O Allāh, wenn dies wirklich die Wahrheit von Dir ist, dann lass Steine vom Himmel auf uns niederregnen oder bringe eine schmerzliche Strafe auf uns herab.“ (8:32) Allāh aber wollte sie nicht bestrafen, solange du unter ihnen weiltest, noch wollte Allāh sie bestrafen, während sie um Vergebung baten. (8:33) 8:31-33 - Die Banū Quraiš ahnten die Folgen des Glaubensbekenntnisses des Islam. Mit dem Satz "Es ist kein Gott außer Allāh und Muḥammad ist der Gesandte Allāhs" gibt der Mensch eine Erklärung des Ungehorsams gegenüber jeder anderen Herrschaft ab. Anas Ibn Mālik berichtete, dass diese Meinung zuerst von Abū Ǧahl, dem Hauptgegner des Propheten (a.s.s.) in Makka, geäußert wurde; dieser kam in der Schlacht von Badr ums Leben. Von diesem Wort "Fabeln" (arab.: Asāṭīr) stammt das deutsche Wort "Satire". Die Worte der Ungläubigen stellen eine Herausforderung dar; sie sind auf keinen Fall ein Bittgebet. Ihnen wird verkündet, dass die Anwesenheit des Propheten (a.s.s.) unter ihnen Aufschub der Bestrafung gewährt; auch, dass Allāh (t) kein Strafgericht über sie schickt, solange sich dort eine Schar von Menschen befindet, die um Vergebung bittet (vgl. dazu 6:25f.; 8:34; 13:6; 14:15; 16:1; 22:48-49; 25:4-6, und die Anmerkung dazu).
Aber, warum sollte Allāh sie nicht bestrafen, wenn sie (die Gläubigen) von (dem Besuch) der heiligen Moschee abhalten, wo sie doch nicht deren Beschützer sind? Ihre Beschützer sind nur die Gottesfürchtigen, jedoch die meisten von ihnen wissen es nicht. (8:34) Und ihr Gebet vor dem Haus (Al-Ka‘ba) ist nichts anderes als Pfeifen und Händeklatschen. ”Kostet denn die Strafe dafür, dass ihr ungläubig wart.“ (8:35) 8:34-35 - "Ihre Beschützer sind nur die Gottesfürchtigen" bedeutet, dass sie Götzendiener, die - Männer wie Frauen - die Al-Ka‘ba nackt umkreisten, und bei denen Pfeifen und Händeklatschen ein religiöses Ritual gewesen war, haben es nicht verdient, Hüter der heiligen Moschee zu sein (vgl. 2:124 und die Anmerkung dazu).
Die Ungläubigen geben wahrlich ihr Vermögen (dafür) aus, um von Allāhs Weg abzuhalten. Sie werden es ausgeben; dann aber werden sie darüber jammern, und dann werden sie besiegt werden. Und die Ungläubigen werden in Ǧahannam versammelt werden (8:36), auf dass Allāh die Bösen von den Guten scheide, und die Bösen einen zum anderen und sie alle zusammen auf einen Haufen versammele (und) sie dann in Ǧahannam werfe. Diese sind wahrlich die Verlierer. (8:37) 8:36-37: In der Prophetenbiographie von Ibn Isḥāq lesen wir: Nach der Niederlage der Quraiš bei Badr, der Rückkehr des geschlagenen Heeres nach Makka und der Ankunft Abū Sufyāns mit seiner Karawane, gingen ‘Abdullāh Ibn Abī Rabī‘a, ‘Ikrima Ibn Abī Ǧahl und Ṣafwān Ibn Umayya zusammen mit anderen Stammesgenossen der Quraiš, die bei Badr ihre Väter, Söhne und Brüder verloren hatten, zu Abū Sufyān und den anderen Männern, die in dessen Karawane Waren hatten, und sprachen zu ihnen: »Männer von Quraiš! Muḥammad hat euch großen Schaden zugefügt und eure Besten getötet. Helft uns deshalb mit dem Erlös aus euren Waren, damit wir gegen ihn Krieg führen und vielleicht unsere Toten rächen können.« Sie waren damit einverstanden. Allāh (t) aber offenbarte über sie den Qur’ān-Vers 8:36.
Sprich zu denen, die ungläubig sind, dass ihnen das Vergangene verziehen wird, wenn sie (von ihrem Unglauben) absehen; kehren sie aber (zum Unglauben) zurück, dann wahrlich, ist das Beispiel der Früheren schon dagewesen. (8:38) Und kämpft gegen sie, damit keine Verführung mehr stattfinden kann und (kämpft) bis sämtliche Verehrung auf Allāh allein gerichtet ist. Stehen sie jedoch (vom Unglauben) ab, dann, wahrlich, sieht Allāh sehr wohl, was sie tun. (8:39) Und wenn sie (euch) den Rücken kehren, dann wisst, dass Allāh euer Beschützer ist; welch bester Beschützer und welch bester Helfer ist Er! (8:40) 8:38-40 - Die Botschaft des Islam ist gekommen, um die Menschen von der Sklaverei und Vielgötterei zu befreien und dem Allmächtigen Schöpfer allein zu dienen. In diesen beiden Versen liegt ein göttliches Angebot, eine Warnung und ein Ultimatum an die Ungläubigen vor (vgl. 2:193 und die Anmerkung dazu).
Und wisst, was immer ihr erbeuten mögt, ein Fünftel davon gehört Allāh und dem Gesandten und der Verwandtschaft und den Waisen und den Bedürftigen und dem Sohn des Weges, wenn ihr an Allāh glaubt und an das, was Wir zu Unserem Diener niedersandten am Tage der Unterscheidung, dem Tage, an dem die beiden Heere zusammentrafen; und Allāh hat Macht über alle Dinge. (8:41) 8:41 - Die Regel geht davon aus, dass ein Fünftel Allāh (t) und dem Gesandten für soziale Zwecke gehört. Mit anderen Worten dem islamischen Staat, der durch den Propheten (a.s.s.) vertreten wird (vgl. oben 8:1). Zu Lebzeiten des Propheten (a.s.s.) wurde ein bestimmter Anteil der Familie bzw. der "Verwandtschaft" des Propheten zur Verfügung gestellt. Nach dem Tod des Propheten (a.s.s.) und seiner Familie ist ihr Anteil für Staatsausgaben zu verwenden. Der Ausdruck "Sohn des Weges" bezeichnet Menschen, die sich weit von ihrer Heimat entfernt befinden, besonders diejenigen, die nicht über genügend Mittel verfügen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Im weiteren Sinne bezeichnet er Personen, die aus welchem Grund auch immer - nicht in der Lage sind, in ihre Heimat zurückzukehren, beispielsweise politische Flüchtlinge. (ÜB) "... am Tage der Unterscheidung" bezieht sich auf die Schlacht von Badr; sie war eine Entscheidung zwischen Recht und Unrecht, zwischen Wahrheit und Lüge (vgl. oben 8:29 und die Anmerkung dazu).
(Damals) als ihr auf dieser Seite (des Tales) wart und sie auf jener Seite und die Karawane tiefer war als ihr. Und hättet ihr etwas verabreden wollen, wäret ihr uneins über den Zeitpunkt gewesen. Doch (das Treffen fandstatt), damit Allāh die Sache herbeiführte, die geschehen sollte; und damit diejenigen, die (dabei) umkamen, auf Grund eines klaren Beweises umkämen, und diejenigen, die am Leben blieben, auf Grund eines klaren Beweises am Leben bleiben würden. Wahrlich, Allāh ist Allhörend, Allwissend. (8:42) 8:42 - Badr liegt in einer Ebene, die im Norden und Osten von steilen Gebirgszügen, im Süden von Felsengestein und im Westen von beweglichen Sanddünen begrenzt ist. Im östlichen Gebirge entspringt ein Bach. Der Prophet und seine Kämpfer befanden sich an dem der Quelle des Madyan zunächst glegenen Abhang. Die makkanische Arrnee stand am entgegengesetzten Hang. Die kleine Truppe der Muslime stand bei Badr der weit größeren makkanischen Armee gegenüber, während die Karawane sich auf weit tiefer gelegenem Grund in Küstennähe, etwa fünf Kilometer von Badr befand. Die Verwirrung war vollständig. Die Karawane war Richtung Makka unterwegs, und keiner ihrer Begleiter rechnete damit, dort jemals anzukommen. Die Armee der Banū Quraiš versuchte, die Karawane unterwegs abzufangen und zu unterstützen, um dann die Muslime zu vernichten. Die Muslmme hatten beschlossen, die Karawane in Frieden zu lassen und sich stattdessen einer um ein Vielfaches stärkeren Armee zu stellen, obwohl sie mit deren tatsächlicher Stärke nicht gerechnet hatten. Trotz alledem trafen genau diejenigen Parteien zusammen, die notwendig waren, um eine solche Entscheidung herbeizuführen. Hätten sie dieses Zusammentreffen vereinbart, es hätte nicht präziser stattfinden können. (ÜB) (vgl. die Beschreibung dieser Schlacht im Titel: "Muḥammad, Prophet der Barmherzigkeit", Islamische Bibliothek; ferner unten 8:43-33).
(Damals) als Allāh sie dir in deinem Traum in geringer Anzahl zeigte; und hätte Er sie dir in großer Anzahl gezeigt, wäret ihr sicherlich Versager und über die Sache uneins gewesen; Allāh aber bewahrte (euch davor); wahrlich, Er kennt wohl, was in den Herzen ist. (8:43) Zur Zeit eures Treffens geschah es, dass Er sie in euren Augen als zahlenmäßig gering erscheinen ließ und euch in ihren Augen als zahlenmäßig gering erscheinen ließ, auf dass Allāh die Sache herbeiführte, die geschehen sollte. Und zu Allāh werden alle Angelegenheiten zurückgebracht. (8:44) 8:43-44 - Dies bezieht sich auf einen Traum, den der Prophet (a.s.s.) vor der Schlacht von Badr gesehen hatte (vgl. 3:13; 8:42 und die Anmerkungen dazu; ferner die Beschreibung dieser Schlacht im Titel: "Muḥammad, Prophet der Barmherzigkeit", Islamische Bibliothek).
O ihr, die ihr glaubt, wenn ihr auf eine Schar stoßt, so bleibt fest und denkt eifrig an Allāh, auf dass ihr erfolgreich sein mögt. (8:45) Und gehorcht Allāh und Seinem Gesandten und hadert nicht miteinander, damit ihr nicht versagt und euch die Kampfkraft nicht verlässt. Seid geduldig; wahrlich, Allāh ist mit den Geduldigen. (8:46) 8:45-46 - Einige Parallelitäten aus der Geschichte der Gläubigen werden z.B. in 2:250 und 7:126 erwähnt.
Und seid nicht wie jene, die prahlerisch und, um von den Leuten gesehen zu werden, aus ihren Wohnstätten auszogen, und die von Allāhs Weg abhalten. Und Allāh umfasst das, was sie tun. (8:47) Und da ließ Satan ihnen ihre Werke als wohlgefällig erscheinen und sagte: ”Keiner unter den Menschen soll heute etwas gegen euch ausrichten können, und ich bin eure Stütze.“ Als jedoch die beiden Heerscharen einander ansichtig wurden, da wandte er sich auf seinen Fersen um und sagte: ”Ich habe nichts mit euch zu schaffen; ich sehe, was ihr nicht seht. Ich fürchte Allāh; und Allāh ist streng im Strafen.“ (8:48) Da sagten die Heuchler und diejenigen, in deren Herzen Krankheit war: ”Ihr Glaube hat diese da hochmütig gemacht.“ Wer aber auf Allāh vertraut - siehe, Allāh ist Erhaben, Allweise. (8:49) 8:47-49 - Die Worte dieses Verses ermahnen die Gläubigen aller Orten und Zeiten, niemals zu siegessicher einem Kampf entgegenzugehen und niemals um leeren Ruhm und sinnlose Ziele zu kämpfen. Ibn ‘Abbās (r) berichtete, dass Iblīs am Tag von Badr mit einer Truppe von Teufeln in der Gestalt von Surāqa Ibn Mālik erschien und zu den Götzendienern sagte: ”Kein Mensch wird euch heute besiegen können; denn ich bin euer Beschützer.“ Als die Leute sich aufstellten, nahm der Prophet ein Handvoll Staub und bewarf die Gesichter der Götzendiener damit, so dass sie entfliehen mussten (vgl. 2:10; 14:22-23; 59:16 und die Anmerkungen dazu).
Könntest du nur sehen, wie die Engel die Seelen der Ungläubigen hinwegnehmen, während sie ihnen Gesicht und Rücken schlagen und (sprechen): ”Kostet die Strafe des Verbrennens! (8:50) Dies (geschieht) um dessentwillen, was eure Hände (euch) vorausgeschickt haben; und (wisst), dass Allāh niemals ungerecht gegen die Diener ist.“ (8:51) 8:50-51 - Hier wird auf die Kämpfer der Banū Quraiš Bezug genommen, die in der Schlacht von Badr umkamen; die Strafe ist eine Folge ihrer eigenen Handlungsweise.
(Es wird ihnen) wie den Leuten Pharaos und denen (ergehen), die vor ihnen waren: Sie glaubten nicht an die Zeichen Allāhs; darum bestrafte Allāh sie für ihre Sünden. Wahrlich, Allāh ist Allmächtig und streng im Strafen. (8:52) 8:52 - Hier handelt es sich um das göttliche Gesetz: Was den Feinden Allāhs in der Schlacht von Badr widerfuhr, entspricht dem, was den Feinden Allāhs zu allen Zeiten widerfährt (vgl. unten 8:53-54 und die Anmerkung dazu).
Dies (ist so), weil Allāh niemals eine Gnade ändern würde, die Er einem Volk gewährt hat, es sei denn, dass es seine eigene Einstellung änderte, und weil Allāh Allhörend, Allwissend ist. (8:53) (Es wird ihnen) wie den Leuten Pharaos und denen (ergehen), die vor ihnen waren: Sie hielten die Zeichen ihres Herrn für eine Lüge, darum ließen Wir sie zugrunde gehen um ihrer Sünden willen, und Wir ertränkten die Leute Pharaos; sie alle waren Frevler. (8:54) 8:53-54 - Es handelt sich hier wiederum um das göttliche Gesetz wie oben in 8:52: Allāh (t) entzieht einem Volk Seine Gnade erst dann, wenn dieses sich durch sein eigenes Verhalten als unwürdig erwiesen hat (vgl. 13:10-11; 16:35-37 und die Anmerkung dazu).
Wahrlich, schlimmer als das Vieh sind bei Allāh jene, die ungläubig sind und nicht glauben werden (8:55); es sind jene, mit denen du einen Bund geschlossen hast; dann brechen sie jedesmal ihren Bund, und sie fürchten (Allāh) nicht. (8:56) Darum, wenn du sie im Kriege anpackst, verscheuche mit ihnen diejenigen, die hinter ihnen sind, auf dass sie ermahnt seien. (8:57) 8:55-57 - vgl. dazu oben 8:22 und die Anmerkung dazu. Hier bezieht es sich auf das Abkommen zwischen den Muslimen und ihren nicht-muslimischen Vertragspartnern. Die Worte sind an den Propheten (a.s.s.) gerichtet (vgl. unten 8:61-63; 10:31-33, 99-100 und die Anmerkungen dazu).
Und wenn du von einem Volk Verrat fürchtest, so verwirf (den) gegenseitigen (Vertrag). Wahrlich, Allāh liebt nicht die Verräter. (8:58) 8:58 - Die Einhaltung der vertraglichen Vereinbarung ist ein Gebot des Qur’ān, mit dem Allāh (t) die Sura 5 unmittelbar mit dem ersten Vers eröffnet. Bloße Vermutungen über Vertragsbruch rechtfertigen nicht die Verwerfung der vertraglichen Vereinbarung. Das Oberhaupt der Muslime ist dazu verpflichtet, dem Vertragspartner über die bevorstehende Kündigung des Vertrags zu informieren (vgl. 9:1-2 und die Anmerkung dazu).
Lass die Ungläubigen nicht meinen, sie seien Uns entkommen. Wahrlich, sie können nicht siegen. (8:59) Und rüstet gegen sie auf, soviel ihr an Streitmacht und Schlachtrossen aufbieten könnt, damit ihr Allāhs Feind und euren Feind - und andere außer ihnen, die ihr nicht kennt - abschreckt; Allāh kennt sie (alle). Und was ihr auch für Allāhs Sache aufwendet, es wird euch voll zurückgezahlt werden, und es soll euch kein Unrecht geschehen. (8:60) 8:59-60 - Die Aufrüstung mit "Schlachtrossen" ist keine veraltete militärische Methode. Bis zur heutigen Zeit kann keine Armee auf Kriegs-Pferde verzichten. Die Übermacht der Sowjetunion konnte die Freiheitskämpfer in Afghanistan nicht besiegen, als diese sich mit ihren Pferden in den Schluchten der Berge verschanzt hatten. Im Ersten Weltkrieg besaß die Schweizer Armee 65000 Pferde. Wie die gesamte Schweizer Armee, so gehorchen auch heute die knapp 4000 Schweizer Train-Pferde dem Milizprinzip. Sie haben gewissermaßen ein ziviles Leben bei Bauern oder in Reitställen, sind aber militärisch erfasst und für den Ernstfall gewappnet. Die Halter der Tiere erhalten im Jahr umgerechnet 730 Mark vom eidgenossischen Militärdepartement für Fütterung und Unterbringung dieser Tiere. (FAZ Nr. 296/97)
Und wenn sie jedoch zum Frieden geneigt sind, so sei auch du ihm geneigt und vertraue auf Allāh. Wahrlich, Er ist der Allhörende, der Allwissende. (8:61) Wenn sie dich aber hintergehen wollen, dann lass es dir an Allāh genügen. Er hat dich mit Seiner Hilfe und mit den Gläubigen gestärkt. (8:62) Und Er hat zwischen ihren Herzen Freundschaft gestiftet. Hättest du auch alles aufgewandt, was auf Erden ist, du hättest doch nicht Freundschaft in ihre Herzen zu legen vermocht, Allāh aber hat Freundschaft in sie gelegt. Wahrlich, Er ist Erhaben, Allweise. (8:63) 8:61-63 - Die Beziehungen der Muslime zu den anderen Völkern sollen auf der Basis des Vertrauens auf Allāhs Schutz begründet sein. Der Segen des Islam verursachte die Einigung der verschiedenen arabischen Stämme und die Integration zu einer einzigen starken Gemeinschaft. Besonders deutlich kommt diese Gnade Allāhs im Fall der beiden Stämme Al-Aus und Al-Ḫazraǧ in Al-Madīna zum Ausdruck, die Todfeinde waren, bis es dem Propheten (a.s.s.) gelang, sie zu versöhnen. Dies hätte nicht mit menschlichen Mitteln bewirkt werden können. So hoffnungslos war die Aussicht auf Versöhnung. In diesem historischen Zusammenhang war die Vereinigung der zerstrittenen arabischen Stämme zu einer einheitlichen Gemeinschaft das größte Wunder. In jedem Zeitalter müssen wir Allāh (t) um diese Gabe bitten: Einheit, Verständigung und aufrichtige Zuneigung unter denen, die in Seinem Namen zusammenkommen. Darin liegen Kraft und Erfolg. Ohne dies bleiben Demütigungen, Sklaverei und moralische Degradierung. Es kann viele Gründe für Uneinigkeit und Streit geben. Die Versöhnung kann nur von Allāhs Herrlichkeit und Weisheit kommen. (ÜB) (vgl. oben 8:55-57 und die Anmerkung dazu).
O Prophet, Allāh soll dir vollauf genügen und denen, die dir folgen unter den Gläubigen. (8:64) O Prophet, feuere die Gläubigen zum Kampf an. Sind auch nur zwanzig unter euch, die Geduld haben, so sollen sie zweihundert überwältigen; und sind einhundert unter euch, so werden sie eintausend von denen überwältigen, die ungläubig sind, weil das ein Volk ist, das nicht begreift. (8:65) Jetzt aber hat Allāh euch eure Bürde erleichtert; denn Er weiß, dass ihr schwach seid. Wenn also unter euch einhundert sind, die Geduld haben, so sollen sie zweihundert überwältigen; und wenn eintausend unter euch sind, so sollen sie zweitausend mit der Erlaubnis Allāhs überwältigen. Und Allāh ist mit den Geduldigen. (8:66) 8:64-66 - vgl. die Anmerkung zu den oben vorangegangenen Versen 8:61-63. Ibn ‘Abbās (r) berichtete: ”Als der erste Teil des Verses 8:65 offenbart wurde, fiel es den Muslimen schwer und sie fanden es hart, wenn zwanzig von ihnen gegen zweihundert und einhundert gegen eintausend kämpfen sollten. So machte es ihnen Allāh leichter und hob das erste Gebot durch das zweite auf.“ Unter gleichen Bedingungen und Vorausetzungen könnten Muslime aufgrund ihrer Glaubensstärke einer zehnfachen Übermacht gegenübertreten. (ÜB) (vgl. 4:84; 9:87 und die Anmerkungen dazu).
Einem Propheten geziemt es nicht, Gefangene zu (be-) halten, sofern er nicht heftig auf dieser Erde gekämpft hat. Ihr wollt die Güter dieser Welt, Allāh aber will (für euch) das Jenseits. Und Allāh ist Erhaben, Allweise. (8:67) Wäre nicht schon eine Bestimmung von Allāh dagewesen, so hätte euch gewiss eine schwere Strafe getroffen um dessentwillen, was ihr (euch) genommen hattet. (8:68) So esst von dem, was ihr erbeutet habt, soweit es erlaubt und gut ist, und fürchtet Allāh. Wahrlich, Allāh ist Allvergebend, Barmherzig. (8:69) 8:67-69 - In der Schlacht von Badr nahmen die Muslime siebzig Gefangene und beschlossen, ein Lösegeld für sie anzunehmen. Unter den Gefangenen befanden sich Al-‘Abbās, der Onkel des Propheten, und ‘Allys Bruder ‘Aqīl, die später Muslime wurden. Al-‘Abbās war der Ahnherr und Begründer der späteren Abbassidendynastie, die in der islamischen Geschichte eine bedeutende Rolle spielen sollte. In seinem Fall ging das im Vers 8:70 ausgesprochene Versprechen voll in Erfüllung. Soweit in den Herzen der Gefangenen Gutes war, führte sie ihr Kampf gegen den Islam und ihre Gefangenschaft dazu, dass sie schließlich den Islam annahmen. (ÜB) Über die Gefangegenen von Badr äußerten die Gefährten des Propheten (a.s.s.) ihre Meinungen: Abū Bakr (r) plädierte für Vergebung und Freilassung der Gefangenen gegen Lösegeld mit der Begründung, ein solches Verhalten würde einige von ihnen veranlassen, die Wahrheit des Islam zu erkennen. ‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb (r) plädierte dagegen für die Tötung der Gefangenen; er sagte: ”Sie haben dich (o Prophet) geleugnet und vertrieben; so stelle sie bereit und schlag ihnen den Kopf ab.“ Die Entscheidung Allāhs darüber in diesem Vers wurde im 2. Jahr n.H. in Al-Madīna offenbart (vgl. den Titel: "Al-Fārūq ‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb", Islamische Bibliothek; ferner 47:4 und die Anmerkung dazu).
O Prophet, sprich zu den (Kriegs-) Gefangenen, die in euren Händen sind: ”Erkennt Allāh Gutes in euren Herzen, dann wird Er euch (etwas) Besseres geben als das, was euch genommen wurde, und wird euch vergeben. Denn Allāh ist Allvergebend, Barmherzig.“ (8:70) Wenn sie aber Verrat an dir üben wollen, so haben sie schon zuvor an Allāh Verrat geübt. Er aber gab (dir) Macht über sie; und Allāh ist Allwissend, Allweise. (8:71) 8:70-71 - vgl. dazu oben die Anmerkung zu 8:67-69.
Wahrlich, diejenigen, die geglaubt haben und ausgewandert sind und mit ihrem Gut und ihrem Blut für Allāhs Sache gekämpft haben, und jene, die (ihnen) Herberge und Hilfe gaben - diese sind einander Freund. Für den Schutz derjenigen aber, die glaubten, jedoch nicht ausgewandert sind, seid ihr keineswegs verantwortlich, sofern sie (nicht doch noch) auswandern. Suchen sie aber eure Hilfe für den Glauben, dann ist das Helfen eure Pflicht, (es sei denn, sie bitten euch) gegen ein Volk (um Hilfe), zwischen dem und euch ein Bündnis besteht. Und Allāh sieht euer Tun. (8:72) 8:72 - Historisch gesehen bezieht es sich hier auf die Muslime aus Makka, die mit dem Propheten (a.s.s.) nach Al-Madīna auswanderten. Mit ihrer Auswanderung lösten sie sich von der Loyalität gegenüber ihrer Familie, ihrer Sippe und ihrem Stamm. Der Prophet (a.s.s.) machte aus ihnen und den Helfern von Al-Madīna eine neue Gemeinschaft und erklärte lt. Qur’ān die Bindung durch den Glauben für eine echte Verwandtschaft und als eine höhere Bindung als die des Blutes und der Familienzugehörigkeit. (vgl. dazu den Titel: "Die Brüderlichkeit im Islam", Islamische Bibliothek; ferner 2:218; 4:95 und die Anmerkungen dazu).
Und die Ungläubigen - (auch) sie sind einander Beschützer. Wenn ihr das nicht tut, wird Verwirrung im Lande und gewaltiges Unheil entstehen. (8:73) 8:73 - Hier handelt es sich um die Fortsetzung der Aussage in 8:72 (vgl. die Anmerkung dazu).
Und diejenigen, die geglaubt haben und ausgewandert sind und für Allāhs Sache gekämpft haben, und jene, die (ihnen) Herberge und Hilfe gaben - diese sind in der Tat wahre Gläubige. Ihnen wird Vergebung und eine ehrenvolle Versorgung zuteil sein. (8:74) Und diejenigen, welche hernach glauben und auswandern und (für Allāhs Sache) an eurer Seite kämpfen werden - sie gehören zu euch; doch die Blutsverwandten stehen im Buch Allāhs einander am allernächsten. Wahrlich, Allāh weiß wohl alle Dinge. (8:75) 8:74-75 - Hier, am Ende dieser herrlichen Sura, handelt es sich um eine weitere Beschreibung der Lage der Gläubigen in 8:72 (vgl. die Anmerkung dazu). Die letzten Worte beziehen sich auf die tatsächliche Familienbindung durch Blutsverwandschaft. Damit schafft dieser Vers den unter den frühen Muslimen üblichen Verdacht ab, dass die "Helfer von Al-Madīna" (Al-Anṣār) bald mit den Auswanderen aus Makka (Al-Muhāǧirūn) in erbschaftlichen Beziehungen in Erscheinung treten würden. Denn Letztere kamen oft völlig mittellos in Al-Madīna an und erhielten durch diese Bruderschaft einen Anteil am Eigentum der jeweiligen Al-Anṣār. Als der Islam sich zu stabilisieren begann, gingen die Ausnahmeregelungen zu Ende, die für diese außergewöhnliche Periode von Wichtigkeit waren. Erbschaften und gegenseitige Verantwortlichkeiten wurden wieder den Blutsverwandtschaften zugeführt. (ÜB)
Ende der Sura 8